Ich brauche eine Capsule Wardrobe! Lange habe ich mich darum gedrückt, obwohl mir der Gedanke immer wieder im Kopf rumgespukt ist. Dann vor einigen Monaten habe ich mal wieder meinen Kleiderschrank, bzw. meine Kommode ausgemistet und wie schon so oft festgestellt, dass ich viele Sachen darin entweder nicht gerne trage oder nicht gerne kombiniere. Ich habe viele Sachen, die nur in bestimmten Kombis zueinander passen und leider auch so einiges, das einfach nur noch da ist, weil es passt oder warm hält. Es kommt also ziemlich oft vor, dass ich mir schnell etwas zum anziehen raussuchen möchte und dann z.B. die Hose, die zum Lieblingspulli passt schon wieder in der Wäsche ist. Und dann? Dann ziehe ich etwas anderes an, dass auch o.k. ist. Aber eben nur o.k. und damit soll jetzt Schluss sein. Ich brauche eine Capsule Wardrobe.
Der Traum: Eine Capsule Wardrobe
Capsule What?! Jedes Mal, wenn ich Leuten davon erzähle, reagieren sie genau so. Und würde ich mich nicht ständig auf Näh-, Minimalismus- und Nachhaltigkeitsblogs rumtreiben, bei mir wäre es nicht anders. Eine Capusle Wardrobe ist eine reduzierte Garderobe, die sich aber nicht reduziert anfühlt, weil alles gut zueinander und vor allem zu einem selbst passt. Also der Traum schlechthin, wenn es darum geht Stil und Nachhaltigkeit zu vereinen – zumindest für mich. Ich scheine aber nicht die einzige zu sein, eher eine, die erst kurz vor Schluss den Trend entdeckt. Im Ernst, sucht mal danach. Das Netz ist so voll von Berichten von und über Menschen, denen die Capsule Wardrobe zu Glück und Seligkeit verholfen hat, dass man gar nicht anders kann, als mitzumachen.
Das Konzept ist, grob gesagt, sich freizumachen von alldem, was einem nicht oder nur mittelmäßig gefällt und seine Garderobe ganz bewusst zusammen zu stellen. Das oft zitierte Klischee der Frau, die einen Schrank voll nichts zum anziehen hat, wäre damit Geschichte. Weniger ist eben mehr. Das will ich auch, dache ich mir. Ich las mich durch Erfolgsberichte, nahm mir vor, nur noch bestimmte ganz Farben zu tragen, schmiedete Pläne, blätterte in Schnittmustern, träumte von einer perfekt abgestimmten Garderobe und… war genauso unzufrieden wie vorher. Irgendwas lief da schief. Dabei gibt es schöne Anleitungen und Vorschläge, z.B. Project 333 bei dem man sich für jeweils 3 Monate auf 33 Kleidungsstücke festlegt. Und es gibt Tipps, welche Teile ZWINGEND in eine Capsule Wardrobe gehören. Mal sind es Jeans, mal das „kleine schwarze“, mal Basic Shirts, mal eine weiße Bluse. Man soll sich auf drei Farben festlegen (plus eine Kontrastfarbe), neben den basics auch sogenannte „Statement-Pieces“ finden, die den eigenen Stil unterstreichen. Um den zu finden, kann man sich wahlweise ein Pinterest Board anlegen oder sich aus Fotos in Modemagazinen eine Collage basteln. Gut, ich übertreibe vielleicht ein wenig. Aber das wollte ich auf keinen Fall. Farben festlegen, ok, ich sehe ein, dass das hilfreich ist, wenn die Sachen zusammen passen sollen. Aber Moodboards? Nie und nimmer. Aber trotzdem, auf die eine oder andere Art muss man sich natürlich damit auseinandersetzen, was einem gefällt (oder was eben nicht), wenn das Ganze Sinn machen soll.
Den eigenen Stil finden
Es ist bestimmt gut, die Augen offen zu halten für Kleidung, die man schön findet. Das ist aber ja nicht das Problem. Die Herausforderung ist ja eher, unterscheiden zu können, was man nur an anderen schön findet und was den eigenen Stil ausmachen könnte. Wirklich unabdingbar und unvermeidbar ist also die Auseinandersetzung mit dem, was sich im eigenen Kleiderschrank so angesammelt hat. Das geht so: Man holt alles raus und wirft es auf einen Haufen. Wenn man es schlau anstellt kann man dabei ein paar Synergieeffekte mit der vorhandenen Unordnung nutzen. Das ist der spaßige Teil. Dann nimmt man jedes Teil in die Hand und macht sich mal ehrlich klar, ob man es gerne trägt. Hosen, in die man sich erst noch (oder wieder) reinhungern möchte, zählen übrigens nicht dazu (adieu, Jeans aus meinen 20ern). Was nicht passt oder nicht gefällt, kann weg also weg – zum Flohmarkt, Kleiderkreisel, Tauschbörse oder auch erstmal in einen Koffer. Was übrig bleibt, ist der Grundstein für die Capsule Wardrobe. Eigentlich ganz einfach. In all den Anleitungen geht es dann damit weiter, dass noch ein paar Sachen dazu gekauft werden, die den Stil unterstreichen sollen und das war es. Offenbar haben die meisten Menschen so viele Sachen im Schrank, dass sie mit ein Bisschen aussortieren schon fast die ganze Capsule Wardrobe zusammen bekommen.
Was meine eigene Garderobe angeht, sieht es allerdings so aus: Ich habe ohnehin nicht viele Sachen, deshalb kommt direkt aussortieren nicht wirklich in Frage. Das habe ich schon zu oft erfolgreich gemacht und bin kleidungstechnisch jetzt am Limit angekommen. Sachen loswerden ist nicht mein Problem, ich kaufe nur nicht gerne neue Sachen ein und bin deshalb bisher mit dem Vorhaben von der Traumgarderobe immer auf halber Strecke liegen geblieben. Der neue Plan ist also, die Sachen nach und nach zu ersetzen. Ich werde nähen, ändern, färben, erhalten, austauschen und wahrscheinlich auch verzweifeln und das alles möglichst nachhaltig (außer das verzweifeln vielleicht), denn darum soll es hier ja gehen – nachhaltiges Nähen. Ihr dürft mich gerne dabei begleiten – ich jedenfalls freue mich drauf.