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In meinem letzten Beitrag habe ich euch ja schon beschrieben, was ich an meinem Mantel alles ändern möchte, und zwar… eigentlich alles. Nein, das stimmt nicht so ganz, denn mit Schnitt und Oberstoff bin im Grunde sehr zufrieden. Ein echtes Problem ist allerdings das Futter. Es ist aus mit Baumwollstoff abgestepptem Volumenvlies, also fast 100% Polyester. Wenn es richtig kalt ist, hält es nicht warm genug und trotzdem schwitze ich schnell darin – eine wirklich unangenehme Kombination. Davon abgesehen hat Polyestervlies absolut nichts mit nachhaltigem Nähen zu tun. Als ich mich entschieden habe, den Mantel neu zu füttern war also klar, dass etwas anderes her muss. Einen nachhaltigen Futterstoff für einen Wintermantel zu finden, ist allerdings gar nicht so einfach, wie ich feststellen musste.
Auswahl gibt es genug, aber die Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten habe ich mir mühsam auf verschiedenen Websites und vor allem in Foren zusammensuchen müssen. Daher versuche ich hier mal, die Ergebnisse meiner Suche zusammen zu fassen.
Die Wunschliste: Anforderungen an ein nachhaltiges Mantelfutter
Was so ein Mantelfutter können muss ist natürlich je nach Mantel unterschiedlich. Ich gehe hier von einem Wintermantel aus. In dem Fall soll das Futter warm sein, nicht zu schwer und möglichst auch Feuchtigkeit aufnehmen können, wenn man darin schwitzt. Das Problem beim Polyester ist nämlich in Wahrheit wahrscheinlich nicht, dass ich darin mehr schwitze, sondern dass das Material die Feuchtigkeit nicht aufnehmen kann. Außerdem muss ein Futter etwas Wind abhalten können – das kann aber auch der Oberstoff erledigen, wenn er entsprechend fest gewebt oder imprägniert ist. Für ein nachhaltiges Futter zählt außerdem noch, aus welchen Rohstoffen es gemacht ist, für mich sollte es ganz klar ein Futterstoff aus Naturfasern sein. Als letztes ist noch die Dicke des Materials wichtig. Ich habe mir ein Zwischenfutter gewünscht, dass nicht so sehr aufträgt, wie ein Steppfutter. Wenn ihr einen Mantel oder eine Jacke mit einem dickeren Futter nähen wollt, müsst ihr das übrigens schon beim Zuschnitt beachten. Im schlimmsten Fall spannt nämlich der Oberstoff, wenn er sich zu eng über den Futterstoff legen muss. Der Oberstoff muss also manchmal etwas größer zugeschnitten werden. Ich habe das aber selbst noch nie gemacht und weiß nicht, welche Zugaben man da macht.
Am Ende hatte ich für meinen Mantel eine lange Wunschliste und es hat mich mehrere Wochen Recherche und Abwägen gekostet, bis ich mich endlich entscheiden konnte.
Oberstoff, Einlage, Zwischenfutter – die Kombi macht’s
Die Entscheidung, welches Material nun das richtige ist, hängt tatsächlich auch stark vom Oberstoff ab. Am Ende ist ein Wintermantel schließlich eine Kombination aus Oberstoff, Futter und Zwischenfutter. Dabei wird als Futter der Stoff bezeichnet, der von innen sichtar ist. Das kann ein dünner Baumwoll- oder Satinstoff sein, aber auch ein dicker Steppstoff. Ein Zwischenfutter liegt, wie der Name schon sagt, zwischen Ober- und Futterstoff. Dabei wird er in der Regel beim zusammennähen des Oberstoffs schon zwischen gefasst und mit eingenäht. Man kann ihn auch für sich allein zusammen nähen und am Ende zwischenfassen, wenn Ober- und Futterstoff aneinander genäht werden. Ob das sinnvoll ist, hängt zum Beispiel davon ab, ob sich das Material leicht aushängen, also die Form verlieren kann. Das ist z.B. bei Wolle und Baumwollvlies der Fall. Einen super Überblick über die verschiedenen Teile eines Mantels bietet euch übrigens das Wintermantel-Sew-Along vom Blog Nahtzugabe. Was ein Mantel hinsichtlich Wärme und Tragekomfort kann, hängt also davon ab, was kombiniert wird.
Beispiel 1: Wenn ihr zum Beispiel einen Mantel aus dickem Wollstoff näht, braucht ihr aller Wahrscheinlichkeit nach kein wärmendes Zwischenfutter mehr. In dem Fall könntet ihr einfach einen dünnen Futterstoff wählen (wenn überhaupt) und hättet einen warmen Mantel. Es gibt übrigens auch sogenannte Windmembrane. Da die allerdings auch aus Kunstfasern auf Erdölbasis bestehen, wollte ich sie für meinen Mantel nicht haben.
Beispiel 2: Wenn ihr dagegen einen dünnen Oberstoff habt (bei meinem Mantel ist das Cord), braucht ihr ein Futter oder Zwischenfutter, das gleichzeitig Wind abhält und wärmt.
Windabweisend. Das muss also das Zwischenfutter leisten.
Um rauszufinden, ob eine Kombi halbwegs windabweisend ist, könnt ihr die Stoffe einfach übereinander legen und kräftig von nahem dagegen pusten. Das ist derzeit mit Mund-Nasen-Schutz natürlich etwas schwierig, grundsätzlich aber eine gute Methode, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Vergleicht das dann ruhig auch mal mit einem Mantel, den ihr schon tragt, dann lässt es sich besser einschätzen.
Die Auswahl: Nachhaltige Futterstoffe
Aber welche Stoffe eignen sich denn jetzt als nachhaltiges Mantelfutter? Da ich einige Materialien wie Polyestervlies oder Windmembrane direkt ausgeschlossen habe, leider nicht mehr viele. Ich versuche mal, die Vor- und Nachteile der einzelnen Stoffe hier aufzulisten
Baumwollvlies
Baumwolle ist als Faser natürlich allseits bekannt. Zu Vlies verarbeitet ist es schön kuschelig und kann sowohl direkt als Futter oder auch als Zwischenfutter eingesetzt werden. Allerdings ist es nicht so formstabil wie zum Beispiel Polyestervlies. Daher solltet man es ca. alle 20 cm vernähen. Das geben aber einige Schnittmuster her, z.B. wenn sie Wiener Nähte haben, die durch Vorder- und Hinterteil verlaufen. Alternativ kann man Baumwollvlies natürlich auch mit einem Futterstoff absteppen. Was die Wärme angeht, reicht Baumwollvlies locker für windige Herbsttage, wenn man es mit einem festen Oberstoff kombiniert. Ich habe es letztes Jahr für eine Weste als Zwischenfutter verwendet und die trage ich zurzeit in Kombination mit einem Pullover selbst Abends ohne zu frieren. Baumwollvliese bekommt ihr z.B. bei Lebenskleidung.
Soja-Baumwollvlies
Die Firma Freudenberg stellt ein Vlies aus Soja und Baumwollfasern her. Durch die Sojafasern ist es leichter als reines Baumwollvlies, hat aber auch eher kühlende Eigenschaften. Außerdem sollen Sojafasern antibakteriell wirken. Sojaanbau ist natürlich oft problematisch, weil dafür meist Regenwald abgeholzt wird. Immerhin handelt es sich bei den Fasern um ein Wegwerfprodukt, das normalerweise bei der Verarbeitung von Soja übrig bleibt.
Webstoffe aus Wolle
Webstoffe aus Wolle eignen sich eher als Futter für Übergangsmäntel. Auch als Oberstoff kann man sie natürlich verwenden. Für einen richtig warmen Wintermantel waren sie mir als Futter allerdings zu winddurchlässig. Sie sind außerdem nur im Wollwaschgang waschbar und verfilzen, wenn man sie zu heiß wäscht. Wolle an sich hat ja selbstreinigende Eigenschaften, so dass das nicht schlimm wäre. In Kombination mit dem Cordstoff meines Wintermantels, der sich eben nicht selbst reinigen kann, war mir das allerdings zu riskant.
Wollwalk
Wollwalk ist nicht gewebt, sondern gewalkt, also verfilzt. Dadurch ist er dicker und nicht so durchlässig wie Webstoffe aus Wolle. EIGENTLICH darf man ihn auch nur kalt waschen, zumindest ist das beim Kauf so angegeben. Allerdings ist er sowieso schon verfilzt, weshalb ich es mich doch getraut habe und ihn bei 60 Grad in die Maschine gegeben habe. Dadurch ist er natürlich etwas eingelaufen und hat sich noch mehr verdichtet. Genau das richtige also, wenn man auf der Suche nach einem richtig wärmenden Zwischenfutter ist, finde ich. Wollwalk mit einem glatten Stoff abzusteppen würde ich nicht empfehlen. Ich habe das mal für eine Kinderjacke gemacht und die Kombination ist leider sehr steif. Da Wollwalk aber auch sehr rau ist, würde ich ihn nur als Oberstoff oder Zwischenfutter verarbeiten.
Volumenvlies aus recyceltem Polyester
Nur der Vollständigkeit halber und weil es hier um nachhaltiges Nähen geht, will ich mal nicht unterschlagen, dass es auch Volumenvlies aus recyceltem Polyester gibt. Dieses wird aus alten PET Flaschen gemacht und ist somit immerhin nachhaltiger als Volumenvlies aus neuen Fasern. Polyester hat einige Nachteile, wie ich eben schon beschrieben habe: Es wärmt nur bedingt und trägt natürlich auch etwas auf. Außerdem kann es keine Feuchtigkeit aufnehmen, was das Tragegefühl sehr unangenehm machen kann. Ein Vorteil ist aber, dass es sehr leicht ist und heiß gewaschen werden kann. Ihr könnt es zum Beispiel mit einem Baumwollstoff zu einem Steppfutter verarbeiten, wie ich es bei meinem Mantel gemacht habe. Auch als Zwischenfutter könnt ihr es wahrscheinlich verwenden, aber je nach dicke des Volumenvlieses kann das auch seltsam aussehen. Kennt ihr noch dieses Menschlein von der Reifenfirma? So ungefähr…
Mein nachhaltiges Mantelfutter: Es muss Wolle sein
Eigentlich war für meinen Mantel relativ schnell klar, dass es Wollwalk sein musste, wenn ich alle Kriterien erfüllt haben wollte. Da ich ja keinen komplett neuen Mantel nähen werde, sondern „nur“ das Futter austauschen will, ist der Oberstoff leider schon gesetzt. Mit Cord habe ich da eine überhaupt nicht wärmendes und noch dazu sehr winddurchlässiges Material zur Verfügung. Das Futter muss also die ganze Arbeit allein leisten und da erschienen mir die Alternativen aus Baumwolle oder Baumwoll-Soja-Gemisch einfach beide zu kalt.
Wollwalk nochmal im Vergleich.
Blieb noch die Frage, wie warm welcher Wollstoff denn jetzt tatsächlich wäre. Meine stundenlangen Recherchen im Internet haben leider auch keine Antwort dazu gebracht. In ein paar Foren wird darüber geschrieben, ob man Wollwalk grundsätzlich als Mantelstoff nehmen kann (ja, kann man, siehe oben) und wie man diesen am besten verarbeitet. Aber erstens wollte ich die Wolle ja nicht als Außenstoff, sondern als Futter nehmen und zweitens war dadurch immer noch nicht klarer, wie warm das Ganze wäre. Der entscheidende Tipp kam von der Mutter einer Freundin. Sie legt sich immer alle Stoffe, die sie in einer Jacke oder einem Mantel verarbeiten will, über die Knie, wenn sie draußen auf ihrer Veranda sitzt. Ich habe keine Veranda, aber einen Balkon. Wahrscheinlich geht es aber auch drinnen, wenn man sich an ein offenes Fenster setzt. Ich habe es probiert und man bekommt tatsächlich schnell ein Gefühl dafür, wie warm es unter dem Mantel später wird. Nach diesem Test würde ich sagen, es reicht aus. Blöderweise kann man diesen Test aber nicht machen, bevor man die Materialien gekauft hat. Vielleicht könnt ihr euch in dem Fall mal umschauen, was ihr an ähnlichen Materialien zur Verfügung habt. Man könnte sich ja testhalber auch eine Wolldecke und einen Baumwollstoff überlegen.
Mantel füttern mit Wolle: Worauf man noch achten sollte
Zwei Sachen möchte ich noch mitgeben, wenn ihr Wollwalk als Material aussucht. Erstens solltet ihr unbedingt darauf achten, dass es kbt Wolle ist, also aus kontrolliert biologischer Tierhaltung (kbt). Die Vorstellung von friedlich grasenden Schafen, die von einem netten Schäfer liebevoll geschoren werden, ist leider ein schöner Traum. In Wirklichkeit geht es Schafen nicht besser, als anderen industriell gehaltenen Tieren – sie werden überzüchtet und oft ohne Betäubung krupiert. Außerdem gibt es ein Verfahren namens Mulesing, bei dem auch die Haut rund um den Schwanz mit abgeschnitten wird. Wenn ihr mehr darüber erfahren möchtet, könnt ihr das hier nachlesen: https://www.greenality.de/blog/mulesing/. Wolle aus kbt bekommt ihr zum Beispiel bei Lebenskleidung und Siebenblau.
Wenn ihr gerne Wolle als Futterstoff hättet, sie aber nicht kaufen möchtet oder euch kbt Wolle zu teuer ist, gibt es immer noch die Möglichkeit, sich nach einer gebrauchten Wolldecke oder ähnlichem umzusehen. Sofern ihr die als Zwischenfutter verarbeitet, sieht sie ja auch später niemand. In dem Fall müsst ihr aber auf jeden Fall sicherstellen, dass keine Motten darin sind (mein größter Horror beim Thema Wolle). Auch dafür tut es eine 60 Grad Wäsche, wenn ihr euch traut.
Habt ihr noch andere Ideen oder Erfahrungen mit Materialien, die ich hier nicht genannt habe? Dann schreibt mir doch einen Kommentar, ich freue mich über eure Anregungen.
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Lies hier, was ich sonst noch so mit meinem Mantel veranstaltet habe:
Wintermantel-Makeover Teil 1: Mantelfutter erneuern oder „Du hast dich auseinander gelebt“
Wintermantel-Makeover Teil 2: „Du bist so kalt“ Meine Suche nach einem nachhaltigen Futterstoff
Wintermantel-Makeover Teil 3: Nahttaschen nähen in 2 Varianten
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Wintermantel-Makeover Teil 5: Mantelfutter einnähen oder „Du hast dich verändert“