Drüber oder drunter? Die wichtigsten Unterschiede beim Flicken aufnähen.
Du kannst Flicken sowohl von innen als auch von außen aufnähen. Es gibt hier kein richtig oder falsch, dafür aber jeweils Vor- und Nachteile. In diesem Artikel erkläre ich dir, welche Variante sich wofür eignet.
Der Anlass: Eine mehr schlecht als recht geflickte Hose
Als ich neulich bei meiner Tante zu Besuch war erzählte ich ihr von meinen Kursplänen und sie war ganz begeistert. Das wäre wirklich nötig, sagte sie und zeigte mir eine Hose, die sie vor kurzem aus der Änderungsschneiderei abgeholt hatte.
„Jetzt sag du mal. Muss das so auffällig sein?“ fragte sie mich. Ich sagte erst mal gar nichts, ich war sprachlos. Als ich mich berappelt hatte war die Antwort nur „Nein“. Nein, es muss nicht so auffällig sein, schon gar nicht direkt am Hintern. Da war nämlich das Loch, das die Schneiderei zugenäht hatte.
Nicht am Hintern, aber auch sonst nicht. Zumal meine Tante sogar einen Flicken aus dem Originalstoff mit abgegeben hatte. Sie gibt ihre Hosen immer zum Kürzen zur Schneiderei und lässt sich dann den Reststoff mitgeben (ziemlich cool, wie ich finde).
Das konnte ich so nicht lassen!
Ich bin im Moment sowieso ständig auf der Suche nach kaputter Kleidung, die ich für den Kurs reparieren kann, also war es gar keine Frage, dass die Hose auf meinem Nähtisch landen musste. Zuerst war auftrennen angesagt. Die Schneiderei hatte von innen einen dünnen Gazestoff aufgenäht und dann mit weißen Längsnähten darüber genäht, bis das Loch nicht mehr zu sehen war. Wenn die Hose weiß gewesen wäre, wäre das noch ok gewesen (wenn auch nicht besonders unauffällig). Ist sie aber nicht. Stattdessen hat der Stoff ein sehr kleines schwarz-weißes Karomuster, dass durch die Nähte komplett durchbrochen wurde.
Wohin soll der Flicken?
Mein Plan war so: Wenn ich den alten Flicken abgetrennt hätte, würde ich mir einen passenden neuen aus dem Originalstoff zuschneiden und genau so positionieren, dass er exakt auf das Muster der Hose trifft. Den könnte ich dann mit einem schmalen Zickzackstich festnähen und fertig. Als der alte Flicken dann ab war zeigte sich aber, dass das Loch darunter viel kleiner war als gedacht.
Der zugeschnittene karierte Flicken sah, wenn ich ihn probehalber darauf legte, immer noch sehr auffällig aus. Für jede andere Stelle hätte ich es ok gefunden, aber am Hintern fällt so etwas immer mehr auf – zumal direkt daneben aufgenähte Taschen sitzen. Nach einigem Hin- und Her entschied ich mich deshalb, den Flicken von unten aufzunähen. Eine gute Gelegenheit, um dir mal die Vor- und Nachteile der beiden Methoden zu erklären.
Hier kannst du dir übrigens eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Löcher flicken runterladen.
Möglichkeit 1: Flicken von außen aufnähen
Von außen aufgenähte Flicken sind schnell auffällig. Es gibt zwar viele Möglichkeiten, sie so ins Design einzufügen, dass es gewollt aussieht, aber unsichtbar arbeiten kann man damit nicht. Dafür sind sie in den meisten Fällen schnell angebracht und lassen sich super als Stilelement einsetzen. Mit dem richtigen Stoff sind sie außerdem sehr robust und sorgen dafür, dass viel beanspruchte Stellen wie z.B. Knie nicht so schnell wieder kaputt gehen.
Möglichkeit 2: Flicken von innen aufnähen
Die zweite Möglichkeit ist, den Flicken von innen auf dem Stoff anzubringen. Ich mache das vor allem dann, wenn ich etwas unauffällig stopfen möchte. Das funktioniert am besten bei kleinen Löchern und mittelschweren Stoffen. Die reparierte Stelle ist später etwas steifer, als der Originalstoff und gerade bei sehr feinen und fließenden Stoffen kann das den Fall beeinflussen.
Es gibt noch eine zweite Variante, Flicken von unten aufzunähen und zwar die sogenannten Negativflicken. Dabei wird für den Flicken ganz bewusst eine bestimmte Form ausgewählt und der Originalstoff nach dem aufnähen weggeschnitten. Ich setze diese Technik gerne dann ein, wenn es auffälliger sein soll, weil man damit tolle Effekte erzielen kannst.
Die verschiedenen Techniken habe ich übrigens in diesem Tutorial erklärt:
Wie ich in diesem Fall vorgegangen bin
Für die Hose meiner Tante habe ich mich am Ende entschieden, den Flicken von unten aufzunähen. Dafür habe ich ihn mit etwas Kleber auf der Innenseite der Hose angebracht und darauf geachtet, dass das Karomuster von Flicken und Hosenstoff aufeinander trifft. Danach habe ich abwechselnd mit schwarzem und weißem Garn im Zickzack über die Karos genäht. Wenn ich exakt passende Schwarz- und Weißtöne da gehabt hätte, wäre die Reparatur jetzt wahrscheinlich nicht mehr zu sehen. Aber auch so muss man noch sehr genau hinschauen, da das kleine Muster das Auge ablenkt. Hier siehst du das Ergebnis einmal von Nahem und einmal von etwas weiter weg. Aus der Nähe erkennt man natürlich deutlich, dass da etwas aufgenäht wurde. Aus der Entfernung ist es aber kaum noch zu erkennen.
Hast du dich schon mal an (fast) unsichtbare Reparaturen gewagt? Falls nicht, was sind die Schwierigkeiten für dich?
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6 Comments
T
Meine Schwierigkeit ist es, farblich passendes Garn und Flicken zu finden. Dabei mache ich oft Kompromisse, weil ich schon genug Reste herumliegen habe und nicht extra was dazukaufen möchte.
Ich hätte die Hose wahrscheinlich mit Geradstichen in den Farben des Stoffmusters geflickt oder per Hand gestopft. Letzteres hat für mich den Vorteil, dass ich es auch mal unterwegs oder auf dem Sofa machen kann. Das schöne ist ja bei solchen Reparaturen, dass es oft mehr als nur eine Lösung gibt.
Inga
Das Problem mit dem farblich passenden Garn habe ich auch manchmal. Mit der zeit ist mein Vorrat etwas angewachsen, aber ich will auch nicht ständig neue Farben anschaffen, die dann nur für eine Reparatur perfekt sind. Auch bei dieser Hose passte es ja nicht perfekt vom Farbton her. Was die Vielfalt der Möglichkeiten angeht, hast du total Recht – das ist ja gerade das tolle daran :-).
Centi
Oh, deine Reparatur ist wirklich um Längen besser als die der Schneiderei! Ich setzte Flicken immer von innen ein und nähe dann von außen in möglichst passendem Garn drüber. So schön unsichtbar wie bei dir wird es aber doch nur selten.
LG
Centi
Inga
Hallo Centi, danke dir für das Kompliment. Dass es so unsichtbar wird, macht allein die Technik und funktioniert natürlich auch bei mir nicht immer. Aber mit jedem Mal geht es besser. Falls du sie noch nicht hast, kannst du dir gerne die Anleitung runterladen, die ich im Artikel verlinkt habe. Darin sind die Grundlagen dafür erklärt.
Liebe Grüße
Inga
Tina
Meistens schaffe ich es auch nur bei Jeans sie einigermaßen unsichtbar zu reparieren. So gut wie deine Hose wird es bei mir selten.
Ich habe vor kurzem ein Video gesehen, bei dem ich sofort an dich gedacht habe, da ich sehr gerne deinen Blog lese. Ich hoffe, du empfindest es nicht als Spam, wenn ich es hier einfüge. Aber ich war total fasziniert davon.
https://youtu.be/zHbnCrIvw1o
Viele Grüße, Tina
Inga
Liebe Tina,
danke dir für das Video, das ist ja der Wahnsinn! Auf so ein Level werde ich es nicht schaffen ;-). Aber das muss ja zum Glück auch nicht sein. Und was die Hose angeht, das ist tatsächlich eine Mischung aus Technik und Übung, kann man also lernen. Wichtig ist aber ja vor allem, dass du selbst mit deinen Reparaturen zufrieden bist :-).
Liebe Grüße
Inga